Um die Teilhabe von Menschen mit Demenz in der Universitätsstadt weiter zu stärken, haben Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Annett Adler von der „Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz“ am Mittwoch vor 50 interessierten Gästen feierlich den Esslinger Aufruf unterzeichnet.
Der Esslinger Aufruf für ein besseres Leben mit Demenz wurde in der baden-württembergischen Stadt am Necker 2008 beschlossen und gilt seitdem als Vorreiter in der kommunalen Unterstützung von Menschen mit Demenz. Er wird von Kommunen in allen 16 Bundesländern unterstützt.
„Unser Ziel ist die demenzfreundliche Kommune, in der wir uns als Gesellschaft Mühe geben, die Sicht von an Demenz erkrankten Menschen zu verstehen und in der wir sie dabei unterstützen, am gesellschaftlichen Leben soweit es geht teilzuhaben“, erklärte Oberbürgermeister Spies das Ziel der Stadt Marburg. „Wir wollen, dass an Demenz erkrankte Menschen möglichst lange zuhause bleiben können und in der Mitte der Gesellschaft leben“, betonte Marburgs Stadtoberhaupt. Es sei das gute Recht jedes und jeder Einzelnen, „dass sich unsere Gemeinschaft auf ihn oder sie einlässt – das ist Inklusion“, betonte Spies.
Annet Adler von der Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz erklärte: „Wir verfügen in Marburg bereits jetzt über ein starkes Netzwerk an kommunalen Akteuren, sozialen Initiativen und verantwortungsbewussten Unternehmen, die gemeinsam die Situation von Menschen mit Demenz verbessern wollen.“ Diese Netzwerkarbeit solle mit der Unterzeichnung des Esslinger Aufrufs noch weiter gestärkt werden.
Zur Einstimmung stellten Sybille Schwabe und Patrick Schönweitz vom Rewe-Markt-Region-Mitte einen Schulungsfilm für Rewe-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie für Führungspersonal vor, der Alltagshürden für an Demenz erkrankte Menschen im Supermarkt exemplarisch erklärt und Möglichkeiten aufzeigt, diese Herausforderungen zu bewältigen. Dabei geht es um das Auffinden von Produkten im Markt genauso wie um die Konfliktsituation, dass Ware übersehen wird und nicht auf dem Laufband zur Bezahlung gelandet ist. Der Film bietet zahlreiche Handlungsoptionen, die vor allem sensibilisieren sollen.
Wie Nadine Sisamci, Vorsitzende des Gewerbevereins am Oberen Richtsberg und Inhaberin von zwei Friseursalons, betonte, kommt es insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit im Einzelhandel darauf an, sich im Gespräch mit an Demenz erkrankten Kundinnen und Kunden auf einfache Fragen zu beschränken und nicht zu verunsichern.
Stadtwerke.Marburg-Consult-Geschäftsführer Christoph Rau brachte die Perspektive des Öffentlichen Personennahverkehrs in die Debatte ein: „Wir beginnen in dieser Woche mit einer Schulung für unsere Busfahrerinnen und Busfahrer, um auf schwierige Situationen vorbereitet zu sein.“
Stefan Roales-Welsch vom Uniklinikum Gießen-Marburg erläuterte Angebote des Klinikums speziell für Menschen mit Demenz, wie die Begleitung von der Bushaltestelle ins Gebäude und warb ebenfalls dafür, dass die Erkrankten möglichst lange im eigenen Zuhause bleiben können.
Der Esslinger Aufruf
In unserer Kommune:
Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz
Menschen mit Demenz sind Bürger!
Bislang haben wir Menschen mit Demenz vor allem als Kranke behandelt und versorgt. Das ist nicht genug. Ihnen als Bürgerinnen und Bürgern zu begegnen, fällt uns aber oftmals schwer.
Menschen mit Demenz gehören dazu!
Wir können und müssen viel mehr tun, dass Menschen mit Demenz und ihre Familien sich nicht zurückziehen und in die Isolation gedrängt werden.